Psychopathen und Narzissten im Bewerbungsgespräch entlarven: Tipps für die Gesprächsführung im Recruiting

Wir alle kennen diese Situation: Bereits im ersten Moment des Kennenlernens mit einem/einer Kandidat*in sind wir vom smarten Auftritt und der selbstbewussten Körpersprache beeindruckt – perfekt passend zur hervorragenden Vita, mit welcher wir uns im Vorfeld intensiv beschäftigt haben. Der uns bis dato unbekannte Mensch hat es mit seinen antrainierten Fähigkeiten rasch geschafft, uns überzeugend abzuholen und wohlwollend in den Austausch zu starten.

Aktiv und mit exzellenter Rhetorik beteiligt sich der/die Kandidat*in am Gespräch. Alles scheint perfekt und auf den Punkt, trotzdem entsteht ein erstes, (noch) nicht zuordenbares Gefühl von Misstrauen bzw. Vorsicht – vor allem auf Grund zum Teil widersprüchlicher Mimik & Körpersignale. Das Gespräch ist zu Ende und was bleibt ist die Unsicherheit, wie man nun Glaubwürdigkeit, Authentizität und letztendlich die Passung der Persönlichkeit bewerten soll.

„Ein Recruiting ist nicht weit entfernt von einer Einvernahme“ so Frau Staniek zum Stellenwert einer geschickten und aufmerksamen Gesprächsführung bei Interviews mit Kandidat*innen. „Es nützt Ihnen weder das Erkennen eines mimischen Signals für eine verborgene Emotion etwas oder das Sehen der Veränderung der Körpersprache, Stimme oder Sprache, wenn Sie nicht wissen, was Sie damit machen können, um das Gespräch gut beurteilen bzw. in erfolgreiche Bahnen lenken zu können.“

Psychopathen, Narzissten oder „Machtgamer“ sind im Erstkontakt oft nur schwer zu erkennen, da sie meist sehr charmant und überzeugend auftreten. Sie sind hervorragende Schauspieler und verstehen es bestens, taktisch, kognitiv empathisch und somit auch manipulativ vorzugehen.

Erste Anzeichen, auf welche man gezielt im persönlichen Austausch mit Kandidat*innen achten kann und sollte sind:

  • Neigt er/sie dazu, das Gespräch zu übernehmen/dominieren bzw. andere zu unterbrechen
  • Spricht er/sie oft über sich selbst, stehen seine/ihre Leistungen & Erfolge im Mittelpunkt
  • Zeigt er/sie wenig Interesse an anderen bzw. werden keine Fragen gestellt

Frau Staniek konkretisiert: „Als Profiler*in richte ich meinen Fokus auf den ganzen Menschen. Mimik, Gestik, Körpersprache, Stimme, Sprache, Stressanzeichen - Psychophysiologie!“

Wenn die nonverbalen Signale also zu den Aussagen und dem restlichen Bild des/der Bewerber*in passen, entsteht ein stimmiges Bild und damit Authentizität, die im weiteren Verlauf der Bewerbung eine entscheidende Rolle spielt.

Wie können wir nun aber selbst im Gespräch noch mehr Sicherheit erlangen bzw. aktiv hinter eine starke Fassade blicken, unser geschicktes Gegenüber „challengen“ und antrainierte Persönlichkeitseigenschaften aufdecken? „Mein Ratschlag ist, stellen Sie Fragen, bei denen der/die Bewerber*in die Wahrheit sagt. Fragen Sie gegebene Fakten geschickt ab. So sehen Sie, wie der/die Bewerber*in aussieht, wenn er/sie die Wahrheit sagt und erkennen leichter, wenn irgendwo am Körper, in Stimme oder Sprache eine Veränderung passiert. Eine Veränderung zeigt uns schon mal die ‚kreative Auslegung der Wahrheit‘ an“.

Wenn also im oder nach dem Gespräch das Gefühl aufkommt, dass etwas nicht stimmt, sollte man immer sofort auf sein Bauchgefühl hören und sich eine entsprechende Taktik für weitere Gespräche vorbereiten, um zu sehen, was hinter mimischen Fassaden verborgen ist.

Unsere Conclusio: Es gibt Menschen, denen wurde Menschenkenntnis als Talent in die Wiege gelegt, andere haben ein Gefühl und können das, was sie fühlen, jedoch nicht konkretisieren. Deshalb ist es für uns als Berater*innen, Recruiter*innen oder Profiler*innen essenziell, regelmäßig, gezielt und bewusst an der Weiterentwicklung unserer „Exzellenz in Menschenkenntnis“ zu arbeiten – zu unserem Selbstschutz, zum Schutz von Kolleg*innen und somit auch zum Schutz von Organisationen.


Frau Mag. Patricia Staniek BSc ist international anerkannte Profilerin & Wirtschaftskriminal-Analytikerin sowie erfolgreiche Buchautorin. Sie bietet von Coachings, zertifizierten Lehrgängen (auch für Recruiter*innen) bis hin zu Key-Notes wissenschaftlich fundierte sowie inspirierende Einblicke in ihre langjährige Erfahrung & Expertise im Profiling. Weitere Details finden Sie unter Patricia Staniek | International Consulting, Profiling & Criminology