Mint-Ausbildung wird in der Familie entschieden

Permanent beklagen heimische Unternehmen das Fehlen insbesondere von Mint-Fachkräften. Stellen sind schwer bis kaum zu besetzen. Qualifizierte Bewerbungen bleiben aus oder sind rar. Und das, obwohl – das sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben – Österreich aufgrund seiner HTLs, eines Schultyps, der ein Österreich-Spezifikum und in anderen Ländern nicht vorhanden ist, im technischen Ausbildungsbereich eigentlich einen Vorteil haben sollte.

Seit Jahren wird versucht, die jungen Menschen verstärkt in entsprechende Mint-Ausbildungen zu lenken. MINT – kurz für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – steht für Ausbildungsrichtungen, die im Allgemeinen als schwierig gelten. Und tatsächlich liegt die durchschnittliche Drop-out-Quote der Studierenden im 1. Studienjahr bei mitunter hohen 50 Prozent.

Doch trotz vieler Initiativen – Töchter-Tage, Stipendien, ausgebaute Studienplätze, das Wissen um äußerst gut bezahlte und sichere Jobs (HTL-Absolventen sind sehr gefragt und so manche Mint-Studierende erhalten noch vor Beendigung ihres Studiums von den Unternehmen feste Stellenangebote) – kann der Fachkräftemangel im Mint-Bereich bislang nicht ausreichend eingedämmt werden.

Woran hapert es also? Die eine richtige Antwort darauf gibt es nicht, mehrere Faktoren spielen hier zusammen. Natürlich gibt es auch jene Fachkräfte, die aufgrund besserer Angebote ins Ausland abwandern. Dann herrscht mitunter wieder eine Überqualifizierung, ein „Matching Problem“: auch in Mint-Ausbildungen streben die jungen Leute oft nach den höchsten Abschlüssen, während Unternehmen oftmals nach entsprechenden Qualifikationen, jedoch mit mittleren Abschlüssen, suchen. Und nicht vergessen werden sollten die immer noch schwierigeren Bedingungen von jungen Menschen, die aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischem Status kommen.

Und die Frauen? Bekanntlich wurde in den letzten Jahren viel unternommen, damit die lange Zeit männlich dominierten Mint-Ausbildungs- und Berufsrichtungen für Mädchen und junge Frauen an Attraktivität gewinnen. Aktuell liegt der Anteil von Frauen in den Mint-Ausbildungsfächern bei 25 Prozent. Die ernüchternden aktuellen Erfahrungswerte sehen jedoch so aus, dass einige Mint-Absolventinnen sich schließlich in der Arbeitswelt - etwa als einzige Frau in einem Männer-Team – nicht recht wohl fühlen – wobei in den einzelnen Studienrichtungen der Frauenanteil recht unterschiedlich sein kann, wie es etwa ein recht hohen Frauenanteil im chemischen Bereich gibt. Die Hauptgründe: Machokulturen und Selbstzweifel. Einiges an „Umdenk-Arbeit“ steht also noch an. Rollenklischees lösen sich – trotz Ausbildung - eben nicht von heute auf morgen.

Soviel zum Status quo. Nur wie ist es dann zu bewerkstelligen, dem weiter zunehmenden Bedarf an Mint-Fachkräften gerecht zu werden? Wie können junge Leute für eine entsprechende Ausbildung und die nachgefragten Berufsbilder begeistert werden? Denn nur, weil jungen Menschen über die hervorragenden Chancen im Mint-Bereich informiert werden, heißt das offenbar noch lange nicht, dass sie darin ihre berufliche Zukunft sehen. Einige wichtige Punkte macht HILL International-Geschäftsführer Markus Mülleder deutlich. Etwa, dass Wissen in Form von Unterricht zu vermitteln, nur das eine sei. „Viel wichtiger, als den Kindern und jungen Menschen das Wissen mit der sogenannten Bildungskeule eintrichtern zu wollen, ist es, bereits in jungen Jahren das aufrichtige Interesse an den Naturwissenschaften zu wecken! Nicht abstrakt durch das Auswendiglernen komplizierter Formeln in der Schule. Sondern durch Spielen, Experimentieren und über die Lust am Forschen und Entdecken“, so Mülleder, der selbst Vater einer Tochter ist.

Und noch ein weiterer Aspekt wird laut Markus Mülleder in Zukunft noch mehr zum Tragen kommen: „In Zeiten zunehmender Weltklimadebatten und möglicher damit einhergehender Folgeszenarien werden die jungen Menschen gerade sehr stark für das eigene Tun und die eigene Verantwortung sensibilisiert. Als Motivation sich für MINT zu begeistern, werden daher immer stärker nicht nur altruistische Aspekte eine Rolle spielen, sondern immer mehr die Frage nach dem eigenen aktiven Beitrag. Etwa: Wie kann ich, in Anbetracht der aktuellen globalen Herausforderungen, meinen Beitrag leisten?“

Den Ursprung einer Lösung sieht Markus Mülleder, wie so manche andere Branchenexperten, ganz klar in den Familien: „Die Mint-Orientierung der Kinder wird in den Familien entschieden – durch die geführten Gespräche, aber auch durch die gemeinsame Beschäftigung.“ Es sind also wir als Eltern gefragt, unsere Kinder – Mädchen gleichermaßen wie Buben - zu ermutigen, ihnen ihr Potenzial und ihre Möglichkeiten aufzuzeigen, sie je nach unseren eigenen Möglichkeiten aufzuklären, zu unterstützen und reflektiert nicht selbst an eingefahrenen Rollenmustern festzuhalten. Dazu gehört es dann auch, der Tochter - und nicht nur dem Sohn - zu zeigen, wie die Bohrmaschine funktioniert. Als ein Beispiel unter vielen. Damit dann einmal die Tochter, wenn jemand sie ungläubig fragt: „Was, du als Mädchen willst Technikerin werden?“ sie selbstbewusst und ganz selbstverständlich mit einem einfachen „Ja“ antworten kann. Und irgendwann wird sich selbst diese Frage erübrigt haben.